05/2023 – Ljubica Negovec
Mensch vs. Maschine: Wie professionell sind KI-Übersetzer?
Google Translate, DeepL, ChatGPT und viele ähnliche Tools erobern den Übersetzungsmarkt. Die Zeiten peinlicher Übersetzungsfehler haben sie dank künstlicher Intelligenz längst hinter sich gelassen – zumindest versprechen sie das. Doch kann sich ein professionelles Unternehmen darauf verlassen?
Wir klären, was ein KI-Übersetzer heute bereits leistet und wie dieser Ihnen Zeit und Geld sparen kann – aber auch, wann Sie der KI besser nicht vertrauen sollten.
Die KI-Übersetzung: ein leistungsstarkes Tool
Die KI-Übersetzung ist die modernste Art der maschinellen Übersetzung (MÜ) und liefert erstaunliche Ergebnisse. Es lassen sich inzwischen ganze Texte übersetzen, ohne dass auf den ersten Blick auffällt, dass eine KI dahintersteckt. Grund dafür ist das maschinelle Lernen – ausgeklügelte Algorithmen geben der KI die Möglichkeit, sich selbst zu verbessern.
Wie funktioniert ein KI-Übersetzer genau?
KI-Übersetzer wurden nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns konzipiert. Sie nutzen ein neuronales Netzwerk, das riesige Datenmengen verarbeitet und die Informationen darin sinnvoll miteinander verknüpft. Mit dieser Vorgehensweise imitiert die KI unser Denken und Lernen. Das Konzept ist ebenso als „Deep Learning“ oder „Neural Machine Translation“ bekannt.
Ein KI-Translator bringt sich also selbst bei, wie er am besten übersetzt. Wie gut das funktioniert, ist abhängig von den Daten, die zum Lernen zur Verfügung stehen. Je größer und verlässlicher die Datenmenge ist, die der KI-Translator bekommt, desto besser sind die übersetzten Texte.
Welche KI-Übersetzungstools gibt es?
Heutzutage gibt es eine stetig wachsende Auswahl an KI-Werkzeugen. Mit den holprigen ersten Gehversuchen der Online-Übersetzer aus den 2000ern haben diese nur noch wenig zu tun, inzwischen leisten sie recht gute Arbeit.
Google Übersetzer
Der Google Übersetzer (engl. Google Translate) ist der Platzhirsch unter den Übersetzungstools und läuft bereits seit 2006. In seinen frühen Tagen sorgte er eher für Belustigung, doch die Qualität hat sich seitdem stark verbessert. Insbesondere, seit vor einigen Jahren eine selbstlernende KI implementiert wurde. Über 100 Sprachen können mit Google Translate übersetzt werden, von Wörtern bis zu ganzen Webseiten – zumindest im Webbrowser Google Chrome.
DeepL (und Linguee)
DeepL ist ein KI-Übersetzer der gleichnamigen Firma aus Köln und kam 2017 auf den Markt. Ein würdiger Herausforderer für den Google Übersetzer: Was Genauigkeit und Qualität angeht, ist DeepL nämlich Spitzenreiter. Das Programm arbeitet ebenfalls mit neuronalen Netzwerken und Deep Learning.
Linguee ist ein Onlinewörterbuch, das neben einzelnen Wörtern auch Satzpaare anzeigt, die so im Netz auffindbar sind. Die riesige Datenbank hinter Linguee war die Trainingsgrundlage für den KI-Übersetzer DeepL.
Google oder DeepL – was ist besser?
Falls Sie sich diese Frage stellen, werfen Sie eine Blick in unseren Vergleich DeepL vs. Google Translate. |
ModernMT
ModernMT ist eine Open-Source-Software, deren Entwicklung von der EU finanziert wurde. Sie ist besonders bei europäischen Sprachen sehr erfolgreich. Zahlreiche Übersetzungsbüros haben ModernMT im Einsatz. Es zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus:
- Dokumente werden beim Übersetzen im Ganzen analysiert. Der Kontext entscheidet darüber, wie etwas übersetzt wird.
- Das Tool lernt mit, indem es von Nutzern Feedback erhält. Nimmt ein menschlicher Übersetzer Korrekturen vor, wendet ModernMT diese Korrekturen beim nächsten Mal selbst an. Kurzum: Mit jedem Text wird der KI-Übersetzer besser.
NLLB-200 von Meta
Ein aktuelles Projekt (2022) stammt vom Facebook-Mutterkonzern Meta: NLLB steht für „no language left behind“, also „keine Sprache wird zurückgelassen“. Das Open-Source-Tool soll zwischen möglichst vielen Sprachen übersetzen, um Menschen weltweit zu vernetzen. Wie der Name verrät, werden über 200 Sprachen unterstützt. Darunter sind auch solche, die bisher nicht oder nur schlecht übersetzt werden konnten, z. B. Kikamba oder Schottisch-Gälisch.
ChatGPT
Kein Beitrag über künstliche Intelligenz kommt derzeit ohne ChatGPT aus. Und dieses Tool von OpenAI, das hauptsächlich als Chatbot bekannt ist, kann tatsächlich auch übersetzen. Vorausgesetzt, man gibt der KI recht deutlich vor, was man von ihr haben möchte (sprich: man schreibt einen guten „Translation Prompt“).
Laut ersten Studien kann ChatGPT durchaus mit den bereits genannten Systemen mithalten. Allerdings gilt das nur in großen Sprachen mit viel Textmaterial, aus dem die KI lernen kann. Da ChatGPT als Chatbot konzipiert ist, glänzt das Tool hier vor allem bei Übersetzungen von gesprochener Sprache. In anderen Bereichen (z. B. in spezifischen Branchen wie Medizin) kann es dafür nicht überzeugen.
Mit der Entwicklung neuer Sprachmodelle kann sich das aber natürlich schnell ändern. Schon jetzt setzt etwa GPT-4 neue Standards. Doch kommt auch ein noch so ausgeklügeltes KI-Tool wirklich an den Menschen heran? Dazu kommen wir gleich.
Neben den gerade vorgestellten Übersetzern auf KI-Basis gibt es noch zahlreiche weitere, beispielsweise den Microsoft Translator, MyMemory, PROMT oder Reverso. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in der Anzahl an Sprachen und dem Funktionsumfang.
Auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten? Eine Liste der besten Übersetzungsprogramme finden Sie in unserem Blogartikel: Die besten Übersetzungstools. |
Warum KI-Übersetzungen so überzeugend sind
Ältere Methoden, wie die beispielbasierte und statistische MÜ, übersetzen den Text Wort für Wort oder Phrase für Phrase anhand von bereits vorhandenen Textschnipseln in der Datenbank. Dabei kommen häufig irrsinnige Kombinationen heraus – schließlich spielt der Kontext keine Rolle. Woher soll das System beispielsweise wissen, ob mit „Band“ eine Buchreihe, eine Musikgruppe oder ein Stoffstreifen gemeint ist?
Im Gegensatz dazu ist ein Übersetzer mit KI flexibel und anpassungsfähig. Die KI lernt aus vergangenen Fehlern und bezieht den umliegenden Text mit ein. Aus ähnlichen Beispielen in ihrem Datenschatz schließt sie, was gemeint ist – im Grunde so wie ein Mensch.
Da stellt sich nun die berechtigte Frage…
Kann eine KI so gut wie ein Mensch übersetzen?
Die KI-Forschung hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten große Sprünge gemacht, so viel ist klar. Doch reicht das, um einem menschlichen Übersetzer das Wasser zu reichen?
Nicht ganz – auch wenn das „Nein“ nicht mehr so deutlich ausfällt wie früher. Ein Übersetzer auf KI-Basis hat durchaus seine Vorteile, doch man muss beim Einsatz mit Bedacht vorgehen. Die Vor- und Nachteile gegenüber menschlichen Übersetzern im Überblick:
Vorteile des KI-Übersetzers |
Nachteile des KI-Übersetzers |
✓ – KI-Übersetzer können schnell große Datenmengen verarbeiten. Hier sind sie dem Humanübersetzer deutlich überlegen, da ihre Rechenleistung immens ist. | X – Kulturelle Unterschiede erkennt die KI nicht. Sie weiß nicht, ob eine Redewendung in Land X gebräuchlich und in Land Y verpönt ist. Ein Mensch, der in dieser Kultur aufgewachsen ist, erkennt dieses Manko sofort. |
✓ – Terminologie wird immer gleich übersetzt. Mithilfe der richtigen Programmierung muss die künstliche Intelligenz nicht nachschlagen, welcher Begriff zuvor bereits verwendet wurde. | X – Die KI achtet nicht auf die Zielgruppe. Sie würde etwa einen Werbetext für ein Jugend-Bankkonto im selben Stil wie einen Fachartikel für Bankberater übersetzen – obwohl sich die Sprache dieser Gruppen grundlegend unterscheidet. |
✓ – Eine KI macht keine Flüchtigkeitsfehler und garantiert dadurch immer dieselbe Qualität. Sie kann keinen “schlechten Tag haben”. | X – Eine KI kann keine Emotionen weitergeben. KI-Übersetzungen werden einen Kunden weder von Ihrem Produkt überzeugen noch zum Kauf bewegen. |
✓ – Die Lesbarkeit eines KI-Textes ist meist recht gut. Auf den ersten Blick klingt das Ergebnis natürlich und flüssig. | X – Die KI erfasst den Kontext eines Worts zwar, aber häufig falsch. Viele Übersetzungen lesen sich gut, enthalten aber grobe inhaltliche Fehler. |
✓ / X – Ein Punkt, der sowohl positiv als auch negativ sein kann: KI-Übersetzer sind immer nur so gut wie die Daten, mit welchen sie gefüttert werden. Gute Daten ergeben gute Übersetzungen – und natürlich umgekehrt. |
Die KI-Übersetzung im Praxistest
Um die künstliche Intelligenz auf die Probe zu stellen, haben wir selbst den Praxistest gewagt. Ein Teil unseres eigenen Übersetzerteams (bestehend aus 46 erfahrenen Profis) ist dabei gegen einen am Markt etablierten KI-Übersetzer angetreten. Heraus gekommen sind einige sehr amüsante, aber auch sehr bedenkliche Fehlübersetzungen der KI.
Zwei Beispiele können Sie hier nachlesen:
Rechtsextrem durch den Straßenverkehr?Im Straßenverkehr rechts zu fahren, ist ja meist üblich, zumindest, wenn wir uns nicht in England befinden. Doch die KI erfasst den Kontext falsch und bringt „rechts fahren“ mit Rechtsstaatlichkeit oder Rechtsextremismus in Verbindung – eine äußerst ungute Verwechslung:
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Wenn die KI Ihre Firma sterben lässtEinen absolut fatalen Fehler ergab die maschinelle Übersetzung in Kombination mit einem Markennamen. Das Unternehmen haben wir selbstverständlich anonymisiert. Im Ursprungstext heißt es: „Die ABC-Gruppe ist eine unabhängige …“ Die künstliche Intelligenz übersetzt nun ins Englische. Der deutsche Artikel „die“ ist jedoch identisch mit dem englischen Wort für „sterben“. So lässt die Maschine das Wort unübersetzt – und unsere ABC-Gruppe sterben. Das ist im wahrsten Sinne tödlich für die Marke und das Image des Unternehmens. Fatal ist auch, dass dieser Fehler sich nun dupliziert. Denn die KI kann nicht frei zwischen allen Sprachen übersetzen, sie nutzt Englisch als Relaissprache. Sie übersetzt also zunächst immer ins Englische, bevor sie daraus eine weitere Übersetzung in die Zielsprache vornimmt. So ist der Fehler anschließend in allen übersetzten Texten zu finden. Ob Französisch, Niederländisch oder Tschechisch – die ABC-Gruppe ist immer „tot“ beziehungsweise „gestorben“. Dabei handelt es sich real um ein sehr großes, renommiertes Unternehmen! Da kann der gute Ruf schnell ruiniert sein. |
Kurz zusammengefasst: Eine automatisierte KI-Übersetzung ist schnell, günstig und liefert konstante Ergebnisse, doch Sie sollten vorher gut abwägen, ob die Qualität für Ihren Zweck ausreichend ist. Wir raten Ihnen jedenfalls dringend, keinen KI-Übersetzer ohne umfassendes Post-Editing zu nutzen!
Warum das so wichtig ist, erfahren Sie jetzt.
Die beste Lösung – Übersetzer mit KI verbinden
Wenn Sie hochwertige Übersetzungen brauchen, die garantiert keine peinlichen Übersetzungsfehler und Marketing-Fails enthalten, muss der Text mindestens einmal durch menschliche Hände gehen. Die Qualität einer KI reicht dafür einfach nicht aus. Rein menschliche Übersetzungen haben allerdings ihren Preis – schließlich absolviert ein guter Übersetzer eine umfangreiche Ausbildung, verbringt Zeit im Ausland, sammelt Fachwissen etc. Nur so kommt ein Text zustande, der wirklich überzeugt.
Sie können jedoch das Beste aus beiden Welten verbinden: Die Arbeitszeit des Humanübersetzers lässt sich verkürzen, indem ein KI-Translator die Vorübersetzung übernimmt. Die Maschine erstellt den groben Entwurf und der Mensch erledigt die Feinarbeit. So gehen Sie sicher, dass die Dokumente einwandfrei übersetzt sind, sparen aber trotzdem Zeit und Geld.
Konkret sparen Sie beim kombinierten Einsatz von KI und Humanübersetzer bis zu 30 % der Kosten, ohne Qualität zu verlieren. Mehr zu diesem und anderen Vorteilen verrät Ihnen unser KI-Benchmark-Report! |
Übersetzung mit geprüfter künstlicher Intelligenz bei ALLESPRACHEN
Als ISO-zertifiziertes Übersetzungsbüro ist unser Qualitätsanspruch besonders hoch. ALLESPRACHEN nutzt für KI-gestützte Übersetzungen daher ein besonderes, selbst entwickeltes Verfahren:
Übersetzungen werden…
Somit halten wir auch bei Übersetzungen mit KI das 4-Augen-Prinzip ein, welches für die zertifizierte Arbeit nach ISO 17100 und ISO 18587 zwingend erforderlich ist. Sie erhalten Ihre Texte schnell, günstig und in gewohnt hoher Qualität. Mehr dazu erfahren Sie hier:
Wann ist eine zertifizierte KI-Übersetzung sinnvoll?
Eine Sache wollen wir jedoch noch anmerken: Die Kombination von Übersetzer mit KI ist nicht für alle Textsorten und Unternehmensbereiche geeignet – auch dann, wenn eine zertifizierte Nachbearbeitung stattgefunden hat. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele, wann sich eine KI-Übersetzung eignet, und wann nicht.
In diesen Fällen lohnt sich eine KI-Übersetzung mit Post-Editing
- bei sehr großen Textmengen, die schnell verfügbar sein müssen – z. B. umfangreiche interne Produktkataloge oder Online-Produktbeschreibungen.
- bei sich wiederholenden Textpassagen: Dieselbe Textzeile kann einmal, zehnmal oder tausendmal genau gleich übersetzt werden, mit nur minimaler zusätzlicher Berechnungszeit.
- bei Standardtexten: z. B. AGB, Datenblätter, Handbücher, Hilfetexte etc.
- bei Texten, deren Sprachstil nicht so wichtig ist: beispielsweise interne Dokumente.
- bei Dokumenten, die aus Kostengründen sonst gar nicht übersetzt würden.
Hier sollten Sie auf einen KI-Übersetzer verzichten
- in sensiblen Branchen, die keine Fehler erlauben: etwa medizinische Übersetzungen oder juristische Übersetzungen.
- bei Texten, die Emotionen transportieren und Kunden überzeugen sollen: wenn Sie z. B. Marketingunterlagen oder eine Website übersetzen lassen.
- in seltenen Sprachen bzw. Sprachkombinationen: Während Englisch oder Französisch kein Problem für KI-Übersetzer sind, sind sie mit Sprachen wie Ungarisch noch überfordert.
- bei Übersetzungen, die auf das Zielland zugeschnitten werden müssen, z. B. Software-Lokalisierungen (außer, es handelt sich um Standardtexte wie Update-Meldungen).
Fazit: Mensch und KI-Übersetzer müssen zusammenarbeiten
KI-Übersetzungstools haben in den letzten Jahren tatsächlich erstaunliche Fortschritte gemacht. Und dieser Trend hält weiterhin an. Eine KI, die wie ein Mensch denken kann, findet man dann aber doch nur in Science-Fiction-Filmen – selbst, wenn eine KI von Google bereits anderes vermuten ließ.
Nichtsdestotrotz bringt ein KI-Übersetzer als Unterstützung für den Menschen klare Vorteile, weswegen auch wir bei ALLESPRACHEN KI-Übersetzungen nutzen. In Verbindung mit unserem bewährten Korrekturprozess ermöglichen wir so schnelle, günstige und hochwertige Übersetzungen für viele Branchen. Wenn Sie Fragen haben oder wissen möchten, ob sich Ihr Dokument für eine KI-Übersetzung mit Post-Editing eignet, kontaktieren Sie uns einfach. Wir beraten Sie gerne!
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FAQ – häufige Fragen zur KI-Übersetzung
Welches ist der beste KI-Übersetzer?
Die bekanntesten und besten KI-Übersetzer sind Google Translate und DeepL, wobei DeepL meist die präziseren Übersetzungen liefert. Viele andere Tools sind ebenfalls schon recht fortgeschritten, z. B. Microsoft Translator, ModernMT und heute vor allem ChatGPT.
Wie funktioniert ein Übersetzungsprogramm mit KI?
Ein KI-Übersetzer beruht auf neuronalen Netzwerken, ähnlich dem menschlichen Gehirn. Mithilfe möglichst großer Datenmengen lernt die künstliche Intelligenz selbst dazu (Deep Learning) und schlägt basierend auf dem Gelernten die bestmögliche Übersetzung vor. Je besser die Daten, desto besser das Ergebnis.
Wie kann man eine KI trainieren?
Für das Training einer Übersetzungs-KI sind sehr viele und verlässliche Datenmengen nötig. Nur, wenn der KI hochwertige und umfangreiche Daten zum maschinellen Lernen zur Verfügung stehen, kann sie eine überzeugende Übersetzung erstellen.