LESEN KANN DOCH JEDER?!
Auch das stimmt leider nicht ganz. (Korrektur-)Lesen erfordert neben exzellenter Kenntnis einer Sprache und ihrer Regeln ebenso ein sehr gutes Sprachgefühl. Außerdem ist meist eine gewisse Fachkenntnis nötig, schließlich müssen sowohl Fachbegriffe als auch Zusammenhänge bekannt sein und überprüft werden.
Das Sprachgefühl spielt auch dann eine Rolle, wenn es um das Erkennen sprachlicher Besonderheiten geht. Dazu zählen unter anderem verschiedene Ausdrücke in Standardvarietäten einer Sprache: In einem bundesdeutschen Text liest man Januar statt dem österreichischen Jänner oder Sahne statt Schlagobers. Je nach Herkunft des Lesers können solche länderspezifischen Begriffe durchaus Verständnisprobleme hervorrufen.
Der Leser findet einen Text grundsätzlich dann gut, wenn der Text nicht nur objektiv gut geschrieben und fehlerfrei ist, sondern er sich persönlich in seiner Sprache angesprochen fühlt. Und das gilt in jeder Sprache. Das heißt zum Beispiel für das Englische: Einer britischen Zielgruppe wird es nicht gefallen, statt „colour“ die amerikanische Schreibweise „color“ zu lesen.
Und sogenannte falsche Freunde (false friends) können sogar das Verständnis beeinträchtigen: Während ein Brite unter „trainer“ einfach ein Paar Turnschuhe versteht, ist ein Trainer im Amerikanischen (ähnlich wie im Deutschen) jemand, der die Fitness einer anderen Person oder eine Gruppe von Menschen trainiert.