05/2019 – Sophia Binder
Die Rückkehr der Mundart
Totgesagte leben bekanntermaßen länger – ein Motto, das auch auf die traditionelle Mundart zutreffen dürfte, die sich momentan anschickt, ihren Weg zurück aus der Versenkung zu finden. Sprachen viele dem Dialekt bereits die Zukunft ab, so verhelfen ihm digitale Medien oder auch Kinofilme und Künstler zurück ins Leben.
Die Zeiten, in denen regionale Sprache als eine Art Relikt einer vergangenen Zeit angesehen wurde, scheinen also vorbei. Die Mundart ist modern und angesagt, gleichzeitig jedoch für viele immer noch ein sonderbares Phänomen und natürlich nicht immer leicht zu verstehen.
EIN REGIONALES PROBLEM: WARUM DER DIALEKT IN MANCHEN TEILEN ÖSTERREICHS TOTGESCHWIEGEN WIRD
Lange Zeit galt die Mundart insbesondere in Österreich als eine Art Stigma. Eine vermeintliche Sprachform der Unterschicht, die gleichermaßen mit Bildungsmangel und eingeschränkten internationalen Aufstiegsmöglichkeiten gleichgesetzt wurde.
Wer Erfolg will, der muss verständlich kommunizieren können – Dialekt engt diese Möglichkeit jedoch ein. Besonders in der österreichischen Metropole Wien wird diese Ansicht bereits seit Jahrzehnten vertreten.
Kinder lernen in der Schule die Hochsprache, Dialekt und Mundart sind weitestgehend aus dem Alltag verbannt. Lediglich im Bereich der Kultur und Kunst scheint die Akzeptanz der traditionellen Sprache noch verbreitet zu sein.
Eigentlich ein Widerspruch in sich – so wird die Mundart mit der Wiener Unterschicht in Verbindung gebracht, soll aber zugleich als kulturelles Erbe des Landes dienen. Daher auch der gezielte Mundart-Einsatz in der Wiener Tourismusbranche (beispielsweise bei Stadtbesichtigungen), um Besuchern aus aller Welt die österreichische Tradition der Sprache vor Augen zu führen.
Auch in Werbung oder bei Künstlern stößt der Dialekt neuerdings wieder auf Begeisterung. Sogar ganze Bücher werden mittlerweile veröffentlicht, die sich mit der Sammlung von Mundart-Begrifflichkeiten auseinandersetzen und überraschenderweise zu einem echten Verkaufserfolg avanciert sind.
MUNDART BOOMT DER UNTERHALTUNGSINDUSTRIE
Dass sich Mundart auch durchaus mit modernen Phänomen kombinieren lässt, beweist der Kinofilm „Ted 2“, der im Sommer 2015 auch in einer österreichischen Version in den Kinos anlief. Der kiffende Plüschbär Ted durfte also frei nach Dialekt seine frechen Kommentare von sich geben.
Auch viele Musiker aus der Region greifen den Dialekt mittlerweile wieder aus. Galt dieser noch vor Jahren als verpönt und potenzielle Gefahr für den großen musikalischen Durchbruch, so begünstigt dieser mittlerweile den Erfolg in den nationalen Charts.
Besonders bei Rappern aus Österreich scheint die Mundart wieder Gefallen zu finden. So verbinden diese offensichtlich ihre regionale Zugehörigkeit, rebellieren aber auch gegen konventionelle Musiker, die sich bewusst modern präsentieren wollen. Ein Erfolg, der sich auch in den Verkaufszahlen der Platten widerspiegelt.
Immer öfter lassen sich Songs mit Einfluss von Dialekt daher auf den Spitzenpositionen der Charts wiederfinden.
SOCIAL MEDIA MUNDART – DIALEKTE LEBEN WIEDER AUF
Einen weitaus größeren Einfluss üben bei der Rückkehr der Mundart die Neuen Medien und die moderne Form der Kommunikation aus. Gespräche, die über Smartphones, Chatprogramme wie WhatsApp oder auch soziale Netzwerke geführt werden, ähneln immer mehr einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht.
Die Grenzen zwischen persönlicher direkter Kommunikation und medialer Gespräche verschwimmen zunehmend. Das macht sich besonders im Westen von Österreich bei sehr dialekt-geprägten Gesprächen deutlich, die über Facebook oder auch SMS geführt werden. Die Menschen bleiben ihren Gewohnheiten treu und halten an sprachlichen Traditionen fest – selbst, wenn es sich um eine digitale Kommunikationsform handelt.
KLEINES GLOSSAR STEIRISCH – DEUTSCH
Nachfolgend ein paar Wörter aus dem steirischen Dialekt, für Sie auf “Hochdeutsch” übersetzt*. 🙂
- Antn – Ente
- aufbudln – sich aufregen
- botschat – unbeholfen
- bugglat – buggelig
- daloabm – erdulden
- dawal – in der Zwischenzeit
- eiwoakn – einweichen
- ernta – früher
- Fadl – Ferkel
- Fouzn – Ohrfeige
- gach – plötzlich
- Goaß – Ziege
- Goudl – Patin
- Hemmat – Hemd
- iachl – drüben (auch im Burgenland verwendet)
- kammoutt – bequem
- loabm – dulden
- maroud – krank
- nochi – hinterher
- Oa – Ei
- Pfingsti – Donnerstag (auch im Burgenland verwendet)
- Quagl – Käse oder eine ungünstige Situation
- Reindl – kleine Pfanne
- Saubartl – eine unappetitliche Person
- terasch – schwerhörig
- umi – hinüber
- vieri – nach vorne
- Woaz – Mais
- zwieder – schlecht gelaunt
FAZIT:
Der Dialekt ist also nicht tot, sondern vielmehr – zumindest regional – vom Aussterben bedroht. Ein Phänomen, das eine Kluft vor allem zwischen West- und Ost-Österreich schafft, gleichzeitig aber auch einen kleinen Boom erlebt und auf noch mehr Zuspruch in naher Zukunft hoffen darf. „Schuld“ daran sind moderne Kommunikationsformen, aber auch die Gesellschaft selbst. Dialekt fristeten in Österreich für lange Zeit eine Art Randdarsein und musste mit vielen Vorurteilen kämpfen. Der aktuelle gegenläufige Trend zeigt jedoch, dass Sprache und Kultur (und damit auch die Mundart) sehr eng miteinander verknüpft sind.
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*Quelle: schriebl.co.at
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